Berechnung von Nutzungswertersatz nach Widerruf einer Kapitallebensversicherung

Die Ermittlung der Rückabwicklungssumme nach dem Widerspruch einer Kapitallebensversicherung ist eine schwierige Angelegenheit.

Zum Begriff Kapitallebensversicherung

   

Die kapitalbildende Lebensversicherung wird meist zur Altersvorsorge genutzt. Bei der „Kapitallebensversicherung“ handelt es sich um eine Form der Lebensversicherung, bei der im Todesfall oder nach Vertragsablauf die Versicherungssumme ausgezahlt wird. Sie ist ergo eine Kombination aus einer Risikolebensversicherung mit Leistung im Todesfall und einem Sparvertrag mit verzinster Auszahlung nach Laufzeitende. Stirbt der Versicherungsnehmer während der Laufzeit des Vertrags erhält der Bezugsberechtigte die Versicherungssumme ausgekehrt. (Üb)erlebt der Versicherte den Ablauf des Vertrages, wird die über die Laufzeit angesparte Summe an den Versicherungsnehmer oder an einen Bezugsberechtigten ausgezahlt.

Kapitallebensversicherung heute noch widerruflich?

   

Wer eine falsche Widerspruchsbelehrung in seinem Vertrag vorfindet, kann diesem jederzeit widersprechen. Der Bundesgerichtshof hat mit Urteil vom 29. Juli 2015 (Az.: IV ZR 384/14, openJur 2015, 12861) entschieden, dass Versicherungsnehmern von kapitalbildenden Lebensversicherungen auch noch nach Jahren nach Vertragsabschluss ein Widerrufsrecht zustehen kann. Dies gilt vor allem dann, wenn die Widerrufsbelehrung fehlerhaft ist. Insbesondere Lebens- und Rentenversicherungen, die ab 1991 geschlossen wurden, enthalten häufig fehlerhafte Widerspruchsbelehrungen. Letzteres sollte vor der Entscheidung des „Ob“ eines Widerrufs im konkreten Einzelfall anwaltlich überprüft werden.

Rechtsfolge eines (wirksam erklärten) Widerrufes einer Kapitallebensversicherung

   

 

Ein wirksamer Widerspruch führt zur Rückabwicklung des Vertrages. Der Versicherer muss dann alle bereits eingezahlten Raten zuzüglich gezogener Nutzungen an den Verbraucher zurückzahlen.

wirtschaftliche Sinnhaftigkeit des Widerspruches einer Kapitallebensversicherung

   

   

Eine wirtschaftliche Sinnhaftigkeit ist dabei nicht automatisch gegeben.

Zwar werden mit kapitalbildenden Lebensversicherungen häufig aus Sicht der Versicherungsnehmer unzureichende Renditen erzielt und hinzu kommen oft hohe auf den Versicherten abgewälzte Verwaltungskosten und Abschlussprovisionen, welche die Zinsrenditen nicht selten auffressen. 

Die Rückabwicklung kann in wirtschaftlicher Hinsicht aber auch nachteilig im Vergleich zu einem regulären Vertragsablauf sein. In einem solchen Fall bekäme der Versicherungsnehmer sogar weniger bei einem Widerruf ausgezahlt, als er am Ende bei Vertragsfortführung erhalten würde.

Zudem muss stets berücksichtigt werden, dass im Vertrag wichtiger Versicherungsschutz enthalten sein kann, wie zum Beispiel Todesfallabsicherung oder eine Berufsunfähigkeitsversicherung. Derartige „Vergünstigungen“ würden bei einer Rückabwicklung gleichfalls entfallen. Häufig haben gerade alte Lebensversicherungen im Vergleich zur heutigen Niedrigzinsphase vergleichsweise gute Zinsrenditen erwirtschaftet. Zudem können steuerliche Aspekte zum Ergebnis einer wirtschaftlichen Unsinnigkeit eines Widerspruchs führen.

Dennoch ist in vielen Fällen eine wirtschaftliche Sinnhaftigkeit durchaus gegeben, z.T. mitunter in erheblicher Größenordnung.

Zur Berechnung der Rückabwicklungssumme nach wirksamen Widerspruch

 

  

Die Berechnung der Rückabwicklungssumme nach wirksamen Widerspruch einer Kapitallebensversicherung ist eine durchaus komplizierte Angelegenheit, an die sich nur wenige Sachverständige wagen (es ist z.B. wesentlich einfacher, einen Widerrufsvorteil beim Verbraucherimmobiliardarlehen zu berechnen, da dort feste wechselseitige gezogene Nutzungen von der Rechtsprechung anerkannt werden).  

Es ist schlichtweg nicht ganz unkompliziert, neben den einge­zahlten Beiträgen auch die erwirt­schafteten Zinsen (gezogenen Nutzungen) des Versicherers zu berechnen.

Der BGH hat bereits klargestellt, dass der Versicherungsnehmer nach einem Widerspruch nicht einfach „ohne Bezug zur Ertrags­lage“ des Versicherungsunternehmens einen beliebigen Prozent­satz fordern könne (BGH, Urteil vom 11.11.2015 – IV ZR 513/14, openJur 2015, 18137). Außerdem müsse der Versicherungsnehmer beweisen, dass die Versicherung das Kapital tatsächlich genutzt hat.

Der Widerrufsvorteil sollte zudem mittels der Netto- und Eigenkapitalrendite der Versicherungen berechnet  werden.

Zur Berechnung von gezogenen Nutzungen können versicherungs­mathematische Gutachten eingeholt werden. Bei einer genaueren Berechnung mit individuell ermittelten Zins- und Kostensätzen ist die Versicherungshistorie auszuwerten; es muss zunächst berechnet werden, wie viel Kapital in den Vertrag geflossen ist. Um die gezogenen Nutzungen zu berechnen, ist es z.B. erforderlich, die letzten Jahresabschlüsse des Versicherungsunternehmens auszuwerten und es ist teilweise schwierig, an diese zu gelangen.

Zum Schluss

   

Ilex Rechtsanwälte arbeitet mit kompetenten Sachverständigen zusammen, die in der Lage sind, komplexe Rückabwicklungsberechnungen durchzuführen. Bevor eine solche in Auftrag gegeben wird, klären wir jedoch im Kosteninteresse unserer Mandanten ab, ob dieser Aufwand im konkreten Fall – wirtschaftlich betrachtet -  gerechtfertigt sein dürfte oder nicht.  

 

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